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Über uns

Schon bald 10 Jahre Aljonuschka Dresden - Russische Spezialitäten mit Liebe!

Ein Interview mit Inhaberin Tatjana, geführt von Dirk Andersch (Redaktion Lust auf Dresden)

„Ich möchte meine Kultur zu den Menschen tragen“, sagt Tatiana Olifirenko und trinkt einen Schluck Ivan-Chai-Tee aus einer Podstakanniki. „Aber meine Kultur ist nicht Russland. Nicht ein Land. Keine Flagge.“ Ihre Kultur ist die Rossijskaja, sagt sie. Diese Rossijskaja lässt sich wahrscheinlich am besten beschreiben als eine Art kulturelles Dach, unter dem sich viele Menschen wiederfinden, die ganz verschiedene Nationen, Völker und Kulturen als Heimat bezeichnen würden. Ein Dach, unter dem sich Georgier und Usbeken, Tataren und Kasachen und eben auch Ukrainer und Russen vereinen können. Seit Jahrhunderten. Und unabhängig davon, ob jemand auf herrschaftlicher Ebene gerade entschieden hat, Brüdervölker gegeneinander aufzuhetzen.

Tatiana Olifirenko lebt diese Kultur der Vereinigung, ein bisschen Tatarisches, Ukrainisches, Russisches und Deutsches Kulturgut. Und dieses Zusammenspiel der Kulturen, die Gemeinsamkeiten aber auch die Unterschiede, die sich in der Rossijskaja ausdrücken, finden sich auch in ihrem Lebenswerk wieder: dem Restaurant Aljonuschka in der Salzgasse 2.

 

Wer wissen möchte, wieviel Vielfalt sich dahinter verbirgt, der muss nur einen Blick in die Speisekarte werfen. Denn dort steht ukrainischer Borschtsch neben georgischer Pizza und belarussischem Reibekuchen. Und wem das alles zu westlich ist, der freut sich vielleicht über den usbekischen Plow. Den gibt es aus gutem Grund aber nur donnerstags. Denn Donnerstag ist in Usbekistan Plow-Tag. „Wir hatten früher an der Kreuzkirche an jedem Wochentag ein anderes Gericht. Und Donnerstag war das eben Plow“. Erst einige Zeit später erfuhr Tatiana Olifirenko dann von usbekischen Gästen, dass Plow in Usbekistan traditionell am Donnerstag serviert wird. Und das hat sie dann bewogen, Plow dauerhaft am Donnerstag anzubieten.

 

Zu jedem Gericht und zu jedem Gegenstand im Restaurant gibt es so eine Geschichte. Teilweise selbst erlebt und teilweise intensiv recherchiert. Denn – und darauf legt die Besitzerin wert – es gibt kaum etwas im Restaurant oder in der Speisekarte, zu dem sie nicht etwas erzählen kann. „Ich mag es, zu kommunizieren“, sagt sie. „Das mochte ich schon in der Zeit, in der ich noch in der Sozialküche gearbeitet habe. So viele Menschen, so viele Geschichten“. Sie erzählt ihre Geschichten gerne. Wie sie zu ihrem ganz eigenen Rezept für ihre Soljanka gekommen ist und dafür regelmäßig Komplimente einheimst – sogar von Menschen aus Moskau. Wie sie sich in Podstakanniki verliebt hat und lange suchen musste, bis sie die gefunden hat, in denen heute im Aljonuschka Ivan-Chai-Tee serviert wird (und von deren ursprünglichen 10 inzwischen schon 3 im Besitz von Gästen mit einer sonderbaren Interpretation von Eigentum gelandet sind). Und eben, wie sie zusammen mit den Usbeken gelernt hat, den Plow so zu kochen, wie er heute im Restaurant angeboten und regelmäßig donnerstags von eben jenen verzehrt wird.

 

Im Oktober 2023 wird das Aljonuschka sein 10-jähriges Jubiläum feiern. Tatiana Olifirenko wird dann auf zehn turbulente Jahre mit Höhen und Tiefen zurückblicken. Ursprünglich entstanden ist ihr Herzensprojekt im September 2013 gemeinsam mit der Initiative am „Café Prag“. Nach deren Ende im Oktober 2015 musste sie dann schon recht früh eine neue Heimat finden. Das aber stellte sich als Glücksfall heraus. Denn in der neuen Lokalität an der Kreuzkirche entwickelte sich das russische Restaurant schnell zu einem liebgewonnenen Mittagstisch für die Beschäftigen in den umliegenden Büros. Zeitweise waren die Tische im Aljonuschka so begehrt, dass die Menschen bis auf die Straße Schlange standen. An der Kreuzkirche war dann allerdings im vergangenen Jahr Schluss, denn das Amt verlangte für den Weiterbetrieb eine Investition, deren Höhe weder Vermieter noch Betreiberin wirtschaftlich abbilden konnten. Darum gibt es jetzt seit 1. April 2022 Pelmeni, Plinsen und vieles mehr in der Salzgasse 2.

 

„Die Welt gehört dem, der sie genießt“, steht auf den Speisekarten des Aljonuschka. Und genau diese genussvollen Menschen kommen auch hierher, um sich auf eine kulinarische Reise mitnehmen zu lassen.

 

Dabei ist Russland sehr viel mehr als Wodka, Moskau und Soljanka. Auch wenn natürlich nach jedem Essen typischerweise ein Wodka gereicht wird, auf den Teeglashaltern „Moskau“ steht und die Soljanka natürlich zu den meistgeadelten und bestellten Gerichten im Restaurant gehört.

 

Viele Gäste im Aljonuschka sind Stammgäste. Und die meisten von ihnen gehören selbst in irgendeiner Form zur Kultur der Rossijskaja. Weil sie schätzen, wie heimattypisch die Gerichte hier schmecken. Weil es für sie ein kleines Stück Heimat ist. Ein Ort, an dem ihre gemeinsame Kultur lebt und am Leben gehalten wird. Weil sie das Ambiente, die Herzlichkeit und die Vielfalt schätzen. „Es ist schön, Stammgäste zu haben, die dir sagen, dass die Soljanka hier besser schmeckt als in Russland. Aber ich mache das hier schon zum großen Teil, weil ich meine Kultur zu den Menschen tragen möchte. Und ich freue mich über jeden Deutschen, dem wir zeigen können, wie vielfältig die russische Kultur ist“, sagt Tatiana Olifirenko.

 

Wer sich darauf einlässt, wird reichlich belohnt. Belohnt mit einer Reise wie in der transsibirischen Eisenbahn. Mit Tee aus Teeglashaltern, wie sie in eben jenem Zug gereicht werden. Mit überbackenen Pelmeni, die schmecken, wie wenn man tausende Kilometer im Osten wäre und eben nicht in Dresden. Mit Boeuf Stroganoff, serviert in einem urigen kleinen Saucentopf. Und mit einem Dessert, das den zum Abschluss gereichten Wodka wirklich nötig macht. Weil es alles in allem so lecker war, dass man natürlich viel zu viel davon gegessen hat. 

 

Aber auch das gehört eben zur Kultur. Essen, genießen, als ob es kein Morgen gäbe. Denn die Welt gehört dem, der sie genießt. Das hat man im Aljonuschka definitiv verstanden.

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